Während es mit dem Sommerwetter immer weitergeht, können wir nun den Monat August abschließen. Höhepunkt war für Europa die LA-EM in Berlin. Dazu rückblickend meine entscheidenden Eindrücke, zum Teil in analysierende Gedanken verpackt und mit ein paar passenden Bildern versehen. Das war mein „Geher-Berlin-Erlebnis“:Wann wird`s das wieder in Deutschland geben? Ich kann es mir nicht vorstellen…
Die 50km am 7. August an einem der wärmsten Tage überhaupt wurden für die Matadore männlich und bei EM erstmals weiblich zu einer wahren Hitzeschlacht.
Der eindeutige Sieger, Maryan Zakalnytsky, Ukraine, übernahm erst nach 30km das Heft des Handelns in die Hand, baute seinen Vorsprung gegenüber Matej Toth, Slowakei, kontinuierlich bis km48 auf weit über 1min aus. Matej, bis km28 deutlich vorn, fiel zeitweise hinter Dzimitry Dziubin, Weißrußland und Havard Haukenes, Norwegen, auf Platz 4 zurück. Mit schnellster letzten Runde sicherte er Silber. Hinter den „großen Vier“ an dem Tag kämpfte sich Carl Dohman auf den 5.Platz nach vorn, Nathaniel Seiler wurde mit PB starker Achter.
Das war das erste 50km -Geher Event bei einer EM und auch hier, in Berlin, bei uns in
Deutschland! Bei den Frauen Ines Henriques, Portugal, das Geschehen. Viele starke tolle Vorstellungen, Czakova, Slowakei, Takasc, Pinedo, Juarez, alle Spanien, die noch vom ukrainischen Trio – siehe Bild – Yudkina, 4., Tsiviliy, 2. und Vitovshchyk, 5., getoppt wurden. Ich würde mich freuen, wenn dieses Ergebnis bis zur nächsten EM Bestand hat!
Der 11.August mit den beiden 20km-Starts begann mit einem Aufreger. Wegen Gasgeruchs wurde das Frauengehen verlegt, auf die Männerzeit, so dass um 10.55 Uhr 28 Männer und 30 Frauen gemeinsam auf die 1km-Runde gingen. Anezka Drahotova, Tschechien, war immmer im Bilde, wollte unbedingt gewinnen.
Ein spannender Wettkampf, weil auch andere ihre Chance suchten. Von den ersten Zwölf versuchte es jeder. Dadurch und den Sog der Männer immer im „Hintergrund“ entwickelten sich so bis ins Ziel eine Flut von Bestleistungen und Rekorden. Der erstaunlichsten Vorstoß geht auf das Konto der jungen Zivile Vaiciukeviciute, Litauen, 22 Jahre! Erstaunlich auch, dafür bezahlte Reporter gaben auf, den Namen überhaupt zu versuchen, richtig auszusprechen!!! für alle schön, siehe Bild, diesen doch überraschenden Vorsprung auch an der Wende dokumentieren zu können!
Die 10km – Durchgangszeit schnell, aber offensichtlich nicht zu schnell! Stark. Die drei jungen deutschen Geherinnen waren von Anfang an in der Verfolgung. Teresa Zurek wird insgesamt bestimmt nicht 100% zufrieden sein, mit gutem Einstand. Emilia Lehmeyer und Saskia Feige machten das einzig Richtige. Aufsammeln! Alle die sich etwas übernommen hatten bildeten in der Umkehr den Sog, der die beiden auch zu neuen Bestzeiten und Platz 14 und 16 im Konzert der Großen brachte. Danke für das Erlebte und Glückwunsch!
Wie ging die Sache zu Ende? Einige hatten genug Kraft, die 44-er Zwischenzeit in eine ganz große Leistung umzumünzen! Am Besten gelang es der Siegerin, Maria Perez, Spanien, die alle Vorstöße mit parieren konnte, mit 42:31min für die 2.Hälfte später allen anderen entschwand. Anezka Drahotova (2.Hälfte: 42:58min) holte „ihre“ Medaille und auch Antonella Palmisano, die Bronze für Italien holte, war auf der 2.Hälfte schneller. Zivile Vaiciukeviciute wurde mit dem 5.Platz belohnt, brach nich ein!, nur noch von ihrer Landsfrau Brigita Virbalyte überholt. Die mußte aber dafür Landesrekord gehen. Was für ein Wettkampf!
So geht es doch auch bei den Männern! Dachten wir. Dachten alle an der Strecke, alle an den Geräten zu Hause. Und bis zur Hälfte wurden wir alle nicht enttäuscht. Zeitweise alle drei Deutschen vorne. Da knallte der Adrenalinspiegel hoch! Christopher Linke demonstrierte seine Favoritenrolle in der Praxis. Jagte persönlich jedem Ausreißversuch hinterher. Die 10km-Zeit dann doch etwas zu langsam. Erstaunlich. Dadurch war der Favoritenkreis noch groß. Die vielen Vorstöße schienen viel Kraft zu kosten? In der 2.Hälfte ging man so weiter. Die besten Neun gingen dabei insgesamt die 2.Hälfte schneller. Der Sieger Alvaro Martin, Spanien, mit 39:34min WESENTLICH!, auch die auf Platz 2-4 blieben unter 40 Minuten! Nils Brembach als Fünfter, mit 40:17 und Hagen Pohle als Achter, mit 40:25 auch. Christopher Linke schaffte bei dieser Betrachtungsweise 41:25min!
Das ist nur eine eindimensionale Sicht. Wie ist denn das Ergebnis nur zustande gekommen? Bei ca. 12,4km hat jemand dieses Bild von mir geschossen! Da glitt jeder Optimismus aus meinem Oberkörper. Von da an begann ich zu ahnen, was sich dann im Nachgang bestätigte…
Das folgende Bild zeigt uns die Situation, die diese Ahnungen aufsteigen ließ. Der große Favorit bekommt Probleme. Hat schon Abstand zur Spitze. Schwächelt er? In der nächsten Runde kämpfte sich Christopher noch einmal nach vorne. Das waren schon die letzten (Super-Spitzen-) Kräfte. Danach wurden alle Träume des Jahres psychologisch zu einem immer schwereren Rucksack, der ihn 1min nach vorn zu einem „Normalergebnis“ kostete. Das war die Situation, die meinen Blick, meine Lust und meine Hoffnungen änderte.Die Attacke, die Christopher das „Genick“ bricht, kommt vom „Teamkollegen“. Gut, dachte ich, wenn das von Erfolg gekrönt ist, dann soll es so sein. War es aber nicht… Andere waren auch an diesem Tag wieder besser, wieder keine Geher-Medaille…
Fazit: Zwei wettkampf-erfahren Spanier und ein Russe holen die ersehnten Medaillen. Selbst der nun Ex-Europameister Angel Lopez, Spanien, wird nach schwerem Winter/Frühling noch Sechster und Luis Alberto Amezcuua, der als vierter Spanier dadurch bei der EM über 20km starten durfte, schafft noch den 17.Platz. Nachdem er den Auftrag „FÜR SEIN TEAM“ erfüllt hatte.
All das zu ahnen und nicht zu dokumentieren, das war schon schwer genug für mich. Als ich dann aber auf die sehr emotionale Serie im DEUTSCHLANDRADIO, „219 Tage mit Emilia Lehmeyer und Christopher Linke“ aufmerksam gemacht wurde, bestätigten sich alle Ahnungen. Es ist wohl sogar schlimmer. Denn nun habe ich dazu gelernt: ICH MUSS ERSTER IN DEUTSCHLAND SEIN (und werden) u.U. auch auf Kosten höherer Aufgaben.
Schön, dass man sich das getraut hat, im „Nicht“-Team zu sagen. Es ist ganz einfach so. Und wenn man keine Konkurrenz im Alltag im Land hat, dann schafft man sie sich selber. Es ist nicht schade! Nur traurig, dass die Struktur in Deutschland so eindimensional sein soll! Es liegt NICHT an Potsdam, das sind die „Guten“ pro Gehen, es fehlen nur 2-3 Zentren als sportliche Gegner im Alltag. Schön, daß es nun „raus ist“. Dann kann ich auch hier darüber schreiben. Vielleicht sieht auch mancher der GEWOLLTEN ZUSAMMENHANG mit den Wettkampfhärten, die den Athleten auf der iberischen Halbinsel im Alltag auferlegt wird. Da braucht man sich keine Gegner zu schaffen. Die hat man jeden Tag, bei Club- oder Regional-Meisterschaften dort. Das ist DORT so gewollt! Und unser System ist HIER so gewollt. Was hätte man geschrieben, wenn die Medaille gekommen wäre? Tja? Das war der August…